Schreibtipp – Szenenaufbau 3: Locker reingleiten

Im vorhergehenden Schreibtipp haben wir uns Hals über Kopf in die Szene hineingestürzt. Das ist vor allem bei Actionszenen eine gute Methode, aber manche Szenen brauchen einen etwas gemächlicheren Einstieg. Eine romantische Szene kann ja nur schwer direkt mit dem Kuss beginnen.

Ein anderer Grund für den langsameren Szenenaufbau kann die Art des Buches sein. Bei historischen Romanen nutzen die AutorInnen gerne die langsamere Methode, um den Leser in die Stimmung und die besondere, dem Leser nicht aus dem Alltag bekannte Szenerie einzugrooven.

„Er stand am Hauptbahnhof“ reicht aus, um bei jedem Leser ein recht klares Bild vor das geistige Auge zu rufen. „Er stand vor dem Badewagen auf dem Markt“ hingegen ist schon deutlich spezieller. Hier kann es sinnvoll sein, zuerst die Szenerie zu beschreiben, also das Viehzeug auf dem mittelalterlichen Markt, das Aussehen der Leute und vor allem, was ein Badewagen nun eigentlich ist (sowas wie ein fahrbarer Badezuber, habe ich mir sagen lassen).

Erkennungmerkmal eines solchen langsamen Szeneeinstiegs ist häufig die „Meteorologeneröffnung“. Wir kennen sie alle: „Der Regen plätscherte auf das Dach“ oder „Es war eine schwüle Nacht“.

Wichtig beim langsamen Einstieg ist es vor allem, es – trotz des durchaus legitimen Strebens danach, der Leserin einen Eindruck der Szenerie und der Stimmung zu vermitteln – nicht zu übertreiben. Wenn man sich erstmal durch 5 Seiten mit Szeneriebeschreibung arbeiten muss, bevor irgendwas passiert, ist das nicht mehr eindrucksvoll und stimmunsfördernd, sondern vor allem langweilig.

Also: Eile mit Weile, aber auf der Stelle joggen gilt nicht!

Alle Schreibtipps findet ihr hier. Und in rund 2 Wochen endet der Anmeldeschluss meines Seminars „Wie schreibe ich ein Buch?“ im Januar 2013. Wer also immer schon mal einen Roman schreiben wollte oder gerade an einem sitzt und nicht weiterkommt – nicht mehr lange zögern, anmelden! 🙂

Kinder, wie die Zeit vergeht …

Da ist es schon wieder zwei Wochen her, dass ich mich hier zu Wort gemeldet habe. Und dass mir, der ich mich doch so gerne und formvollendet im Licht der Öffentlichkeit sonne. Mein Dermatologe kriegt deswegen schon Schweißausbrüche …

Was habe ich getrieben? Ich habe vor allem gearbeitet und gehustet, manchmal auch umgekehrt, und abends gab es dann das Terzett „Die drei bellenden Wieslers und ihr Hund“. Gearbeitet wurde Uthuria, noch mehr Uthuria (Teil 2 hiervon ist in der Mache) und zwischendurch ein gut abgehangener DreieichCon. Und wenn ihr auf mehr als zwei dieser nicht weiter erläuterten Links geklickt habt, seid ihr zu neugierig 😉

Zur DreieichCon wird es in absehbarer Zeit auch noch einen Mitschnitt der rasanten Lesung unter dem Motto „Schwert gegen Faust“ geben (ich habe dort nicht selbst gefilmt und warte noch auf das Material). Was soll ich sagen, die sympathische, zierliche Judith C. Vogt hat ihr Schwert gut unter Kontrolle. Das C steht sicher für Ciller …oder Crustentier-Lilly, was ein guter Name für eine Piratenbraut wäre …

Zusammen mit ihrem eifersuchtslosen Mann Christian hat sie übrigens auch das Buch geschrieben, das aktuell meinen Nachttisch dominiert – wie die Autorin, so das Werk. Was nicht heißen soll, dass Judith auf meinem Nachttisch sitzt, sondern dass sie dominant … ist ja auch egal: Das Buch heißt auf jeden Fall Die zerbrochene Puppe (Klick bringt euch zur Beschreibung und einer Leseprobe). Ich finds sehr unterhaltsam und der Protagonist ist erfrischend unheldenhaft.

Außerdem habe ich seit langem mal wieder die Zeit gefunden, auf einen Poetry-Slam zu gehen, namentlich den Papp Ala Papp in Krefeld. Dort hat man mir nicht nur wie immer einen wunderschönen Abend bereitet, nein, man hat mich auch mit einer neuen Form der Koffein-Abhängigkeit vertraut gemacht (Marcus, wenn du das hier liest: Ich brauche dringend den Namen dieses wundertätigen Zuckerwassers – Abgabetermine stehen an ;)). Zudem hat man mir einen sehr angenehmen dritten Platz hinter den Kollegen Thamm und Schmidt eingeräumt.

Ich würde mich noch mehr darüber freuen, wären das nicht ausgerechnet die beiden Künstler, mit denen ich am 6.12. bei unserem Weihnachtsspecial in der börse auf der Bühne stehen werde (VIP-Tickets mit Glühweinflat sind ausverkauft, aber normale Eintrittskarten sollte es an der Kasse noch ein paar geben. Aber kommt nicht zu spät, sonst holt der André die Rute raus, und Besucher des November-Wortex wissen, was das heißt). Die beiden liebenswerten Menschen werden mir sicherlich nicht unter die Nase reiben, dass sie mich beide geschlagen haben. Aber so gucken werden sie. Wie sie dann immer so gucken. So gucken sie dann wieder. Und der Herr Grashoff verkrümmelt sich nach Frankreich. Angeblich aus arbeitstechnischen Gründen. Ich bleibe skeptisch.

Und damit sind wir auch schon in der Zukunft (Fluxkompensator aus …).  Am 11.12. trete ich mit meinem Programm Abnehmen, Kinderkriegen und andere Katastrophen im Katholischen Stadthaus auf. Der Eintritt und Getränkeumsatz vor Ort geht komplett an den Kinderhospizdienst Bergisch Land – an dieser Stelle Gruß und Hochachtung an alle dort, die sich um lebensverkürzend erkrankte Kinder kümmern!

Am 13.12. geht es dann erneut auf die bühne der Börse … ne, die Bühne der börse, so rum 🙂 Diesmal mit dem Programmpunkt Versaute Weihnachten. Die Geschichten stehen mittlerweile (bis auf meine *tüdeldü*) und es ist alles dabei von lustig über tragisch bis zu erotisch.

So, damit seid ihr jetzt wieder voll informiert. Und ab dem nächsten Blog berichte ich dann auch im Detail darüber, wann ich mir die Zähne geputzt habe, wie schwer das Schnitzel war, das ich zu Mittag hatte und wie es aussah, als es wieder raus…

Ach nein, dafür habe ich ja Facebook und Twitter 😉

Neue Wortpiraten-Pressefotos

Dank des genialen Rainer Szesny, dessen Nachname ich jetzt schon im dritten Anlauf richtig schreiben kann, haben wir neue Wortpiraten-Pressefotos. Überblick siehe unten, Downloaden könnt ihr hier, aber nicht für Posters an eurer Wand, sondern wirklich nur für journalistische Artikel. Poster könnt ihr bei mir bestellen 😉

Danke Reiner, ich hoffe, du hattest trotz Knipsen einen schönen Slamabend. Der Gewinner des Slams Jan Schmidt hatte auf jeden Fall einen. Ich glaube, ich habe sogar eine kleine Träne gesehen.

Und als philosophische Frage: Warum hat keiner außer mir mehr eine Homepage, sondern treibt sich nur auf Facebook rum?

Bücherliebe und Eigenliebe

Heute ist einiges los! Zum einen ist die Leserunde zu meinem neuen Buch bei lovelybooks gestartet. Die Leseexemplare wurden verlost und gehen schnellstmöglich raus (oder ASAP, wie wir Marketingleute sagen) Und dann kann da gnadenlos mein Buch gelobt werden. Oder wenn es sein muss auch kritisch besprochen. 😉 Mitmachen kann natürlich jeder, der das Buch hat, egal ob es gewonnen, gekauft oder geschenkt wurde. Nur raubkopiert gilt nicht, da hat lovelybooks eine Sicherung eingebaut, dass euch sofort die Fingerspitzen abfaulen.

Zudem hat mein Sohn Martinsumzug und freut sich schon wie Hulle darauf, mit seiner selbstgebastelten Laterne loszuziehen. Das Teil sieht echt gut aus, das handwerkliche Geschick hat er also schon mal nicht von Papa.

Und last but not least findet heute der 10305. (unmathematisch gerundet) Wortex-Poetry-Slam in der börse in Wuppertal statt. Wenn alles gut geht, lese ich heute einen Text über die Liebe an und für sich (*hüstel, hüstel*, *zwinker, zwinker*). Wenn es nicht gut geht, lese ich was anderes. Aber ihr sollt ja auch nicht (nur) meinetwegen kommen, sondern wegen all der tollen PoetInnen, die wir auf der Bühne haben:

Patrick Schumacher
Matthias Marschalt
Jan Schmidt
Benedict Hegemann
Aníka Hoffmann

 

 

 

Schreibtipp – Szenenaufbau 2: Volle Kanne

Wie beginnt man eine Szene, wie steigt man ein? In diesem Schreibtipp geht es erst einmal um den schnellen, dreckigen Einstieg, um das Medias in Res, zu Deutsch: Mitten in die Sache.

Hierbei ist die Szene bereits in vollem Gange, wenn der Leser dazukommt. Es passieren Dinge, ohne dass der Leser so genau weiß, warum, wer beteiligt ist oder wo wir uns befinden. Das sind Dinge, die ihm erst im Nachhinein vermittelt werden. Bei meinem neuen Roman (Die Rose der Unsterblichkeit 1: Schwarze Perle) habe ich genau diese Einstiegsart für praktisch alle Szenen gewählt, weil ich einen schnellen Erzähltakt anschlagen wollte und sich die rasante Handlung dafür sehr eignet. Beispiele findet ihr auf Seite 9 und Seite 19 der Leseprobe.

Damit ist auch schon angedeutet, wofür sich der Medias-in-Res-Einstieg besonders eignet: schnelle, handlungsintensive Szenen, in denen etwas passiert bzw. schon passiert ist. In einem melancholischen Familien- und Liebesdrama, in dem es vorrangig um das Innenleben der Figuren geht, kann ein solcher Einstieg unpassend kurzatmig wirken.

Wenn ihr den harten Einstieg auf die Spitze treiben wollt (oder perfektionieren, je nach Ansicht), dann möchte ich euch einen Ratschlag meines geschätzten Kollegen Robert Löhr ans Herz legen. Er hat ihn während seines sehr hörenswerten Vortrags „Was man vom Film lernen kann, und was nicht“ gegeben (den ihr übrigens in meinem Podcast Wiesler and Friends nachhören könnt, genauer gesagt hier).

Nachdem ihr die Szene geschrieben habt, streicht vorne ein paar Sätze weg und schaut, ob die Szene immer noch funktioniert. Kurz gesagt geht es darum, so spät wie möglich in die Szene reinzugehen. Dann wirkt sie umso dramatischer, der Leser ist sofort da, wo etwas passiert und muss sich nicht erst zum Geschehen hinlesen.

Im nächsten Schreibtipp geht es dann um den gegenteiligen Ansatz: Das langsame Hineingleiten in eine Szene.

Alle Schreibtipps findet ihr hier. Und weil der Papa neue Stiefel braucht, hier der mittlerweile schon liebgewonnene Hinweis auf mein Seminar „Wie schreibe ich ein Buch?“ im Januar 2013.

Schreibtipp – Szenenaufbau 1: Weil, ist wichtig

„Watt is enne Tzeeen? Da stelle ma uns ma janz dumm …“

Eine Szene definiere ich als „Sinneinheit in fortlaufender Zeit und gleichbleibendem Ort“. Das bedeutet, dass die Beschreibung eines Partygesprächs, bei dem zwei Leute über Fußball reden und ein dritter sich dazugesellt, eine Szene ist. Unterhalten sich die beiden Leute über Fußball und einer verlässt den Raum, um in der Küche ein neues Gespräch mit der Gastgeberin zu beginnen, so gilt mir das als neue Szene.

Die erste, grundsätzliche und meiner Meinung nach wichtigste Frage, die man sich bei einer Szene stellen muss, ist: Braucht der Roman diese Szene? Die Gründe dafür, warum eine Szene in einem Roman stattfinden muss, sind vielfältig. Sie kann die Figuren charakterisieren, sie kann den Plot (also die Handlung) vorantreiben, sie kann dem Leser Informationen vermitteln, sie kann Spannungen aufzeigen oder sie kann die Stimmung des Buches untermauern.Sogar als Demonstration, wie toll die Autorin mit der Sprache umgehen kann, kann eine Szene sinnvoll sein.

Wenn aber eine Szene keine einzige dieser Aufgaben erfüllt, dann ist sie schlicht überflüssig. Das sind die Momente bei einem Buch, in denen man sich als Leser fragt: „Was will mir der Autor damit sagen?“ Der Leser spürt instinktiv, dass der Roman ohne die Szene genausogut funktioniert, er langweilt sich, steigt aus, legt das Buch im schlimmsten Fall weg.

Ergo: Jede Szene braucht eine Aufgabe!

Im nächsten Schreibtipp spreche ich dann über den Einstieg in die Szene.

Alle Schreibtipps findet ihr hier. Und weil es so schön ist, und euch bestimmt gar nicht nervt, hier der obligarische Hinweis auf mein Seminar „Wie schreibe ich ein Buch?“ im Januar 🙂