Aus dem Archiv – Rollenspielkolumne 8: Seht her, ich bin der coole Antiheld

Menschen ändern sich. Rollenspiele ändern sich. Nur die Ernährungsgewohnheiten des gemeinen Rollenspielers ändern sich nicht. Hat mit der nachfolgenden Kolumne auf dem Jahr 2001 nix zu tun, ist aber eine bemerkenswerte Weisheit.  

Szenen meiner frühen Jugend: Mit knirschenden Zähnen stehe ich, meines Zeichens Rondrageweihter, auf der morschen Brücke und erwarte den Ansturm der Orks. Hinter mir, nur geschützt durch meine ochsenartigen Muskeln und dazu passenden Hoden, das idyllische Dorf inklusive schmachtbegeisterter Noch-Jungfrauen. Da kommen sie, ach, reihenweise fallen sie, von meinem treuen Rondrakamm niedergemacht, während die Zahl der Pfeile in meiner Brust erst zwei-, dann dreistellig wird. Das waren noch Zeiten…

Und heute? Der strahlende Palladin kann eine Woche auf der Brücke stehen und warten, nichts passiert. Während er nämlich noch schnell Pipi machen war, um nicht mitten in der Schlacht zu müssen, haben sich seine Antihelden-Freunde bereits ins Lager der Orks geschlichen und deren Wasservorrat mit einer magisch bearbeiteten Geschlechtskrankheit vergiftet und unserem tapferen Helden bleibt nur, seine Rüstung zu polieren.

Woher kommt die Unsitte, sich keine rechten Helden mehr zu erschaffen? Die Hochelfen kriegen offensichtlich keinen mehr Hoch, wenn man mir diesen an den Ohren herbeigezogenen Scherz verzeihen mag. Wie sonst ist es zu erklären, dass es nur noch Schwarz- oder im besten Fall Grauelfen gibt? Und wieso muss jeder Kämpfer desillusioniert sein, jeder Spielmann versoffen, jede Heilerin in Wirklichkeit eine dunkle Vergangenheit als Hure eines minderjährigen Dämonenkönigs hinter sich haben? Kurzum, warum muss jeder Charakter heuer so mit Nachteilen beladen sein, dass er kaum noch gehen kann?

Ganz klar: White Wolf ist schuld! Die haben mit dem ganzen Kram doch erst angefangen! Geheiligt die Tage des DSA und AD&D erster Editionen. Strahlende Rüstungen, strahlende Jungfrauen, Strahlen des Blutes – das waren noch Zeiten! Mali bei Lebenspunktverlust? Sind wir Medizinstudenten, dass wir so kleinlich werden müssen? Schmerzen? Jetzt werdet mal nicht albern, wir sind Helden!

Und dann kommt Mark Rhein-Main daher und wirft uns im Inneren geplagte Vampire vor die Füße. Wenn ich im Inneren geplagt sein will, esse ich eine Chilli-Pepperoni-Pizza! Aber der große Mark Rein-Raus vernichtet im Vorbeigehen das sexuell konnotierte Dracula-Bild und beschert uns dicke Live-Rollenspieler in Birkenstöckern, mit rotem Gardinenstoffumhang und Karnevalplastikzähnen. Vielen Dank!

Oder diese Werwolfgeschichte… Was sollte das bitte? Wenn ich von Selbstzweifel und Verzweifelung zerfressene Kämpfer sehen will, schalte ich einen Boxkampf ein. Metzeln muss geistfrei bleiben! Da erschafft man sich eine absolute Killermaschine mit Krallen wie Dolly Buster und Brustmuskeln wie die Klitschkos zusammen und dann… muss man sich vom Spielleiter über die Apokalypse vollquatschen lassen. Nein Danke!

Von dieser anderen Schmocke ganz zu schweigen. Wer außer Claudia-Schiffer-Fetischisten will schon David Copperfield spielen, oder tote Leute oder gar Rotkäppchen?

Kurzum, ich fordere hiermit die Abschaffung aller coolen Antihelden. Ab sofort haben wieder die Krieger mit Klugheit 8, die Priesterinnen mit 120-30-90 und die ehrenvollen Diebe, die „Bitte“ und „Danke“ sagen, zu erscheinen, oder ich schicke Euch meine mit Plattfüssen und Ehrgefühl versehenen Ninja-Toaster auf den Hals!

Aus dem Archiv – Rollenspielkolumne 7: Ein ganz normales Weihnachten

Passend zum Fest eine weitere gut abgehangene Kolumne, diesmal sogar aus dem Jahr 2000.

Einmal im Jahr kann man auf Erden ein drolliges Schauspiel beobachten. Die Menschen huldigen mit panischen Einkäufen den Göttern des Konsum, um wenige Tage später den Götzen des Familienstreits zu opfern – manchmal sogar ihre Familienmitglieder. Wenn aber kein Festtagsmassaker dazwischenkommt, dann kann man in vielen Haushalten Szenen wie die folgende erleben:
Mutter: „Bescheeeerung!“
Sohn: „Na endlich!“ (zerfetzt die Verpackung eines Geschenks)
Oma: „Dat is von mich!“
Sohn: „Äh… was ist das denn? Eine Unfallversicherung?“
Oma: „Ja, du wolltest doch was von der DAS!“
Sohn: „DSA! Ich hab gesagt DSA! Ach egal – danke Omma!“
Vater: „Das hier ist von mir, mein…!“
(Das Geräusch von zerfetzendem Papier übertönt sein letztes Wort)
Sohn: „Cool, das Shadowrun-Regelwerk… Aber, aber… das ist ja die erste Edition!“
Vater: „Ich hab es sogar noch um zehn Mark billiger gekriegt!“
Sohn: „Aber das ist veraltet!“
Vater: „Ach, so viel wird sich schon nicht geändert haben! Ist doch nur ein Buch!“
Sohn: (Langsam verzweifelt): „Kann man das vielleicht umtauschen?“
Mutter: „Jetzt pack meins aus, pack meins aus!“
(Sohn, schon deutlich skeptischer, wickelt ein weiteres Buch aus)
Sohn: „Das neue D&D Regelwerk.“
Mutter: „Na, ist es das richtige?“
Sohn: (ungläubig): „Ja… Ja, sieht so aus!“
Mutter: „Schön, da freu ich mich!“
Sohn: „Danke! Vielen Dank!“
Mutter: „Ach so, die ganzen Seiten mit den halbnackten Frauen hab ich natürlich rausgeschnitten!“
(Ein langgezogener Schrei, während das Bild dunkel wird. Szenewechsel: Der Sohn kauert in der Besenkammer, wippt vor und zurück)
Sohn: „Ich wollte doch nur… ein bisschen spielen… ist das zuviel verlangt?“
(Die Türe öffnet sich, die Schwester schaut hinein, wirft ihm dann einen einzelnen W10 an den Kopf)
Schwester: „Da, Frohe Weihnachten, Brüderchen!“
(Sohn presst den Würfel an seine Brust und weint)

In diesem Sinne: Ein fröhliches Weihnachtsfest!
André Wiesler

Frohe Weihnachten! Wiesler verschenkt Jugendbuch

Ich wünsche allen meinen Lesern und denen, die es noch werden wollen, ein ruhiges, besinnliches und vor allem glückliches Weihnachtsfest. Den anderen natürlich auch, aber die werden kaum auf diese Seite kommen 😉

Ich habe lange überlegt, was ich euch zu Weihnachten schenken könnte. Für Nacktfotos kennen wir uns noch nicht lang genug und Socken habt ihr bestimmt schon. Also habe ich mich für ein Ebook entschieden. Genauer gesagt habe ich beim Wühlen im Archiv das mittlerweile zwölf Jahre alte Jugendbuch „Johannes, sag mal Currywurst“ gefunden, dass damals kein Glück bei den Verlagen hatte. Hauptargument (zumindest das offizielle) war: zu lang für Jugendliche. Wir befanden uns im Jahr -1 vor Harry Potter.

Bei der erneuten Lektüre fand ich die Geschichte immer noch charmant, wenn ich sie heute auch etwas anders aufziehen würde. Geschrieben habe ich es damals zum einen, weil ich mehr Leuten klar machen wollte, was Rollenspiel ist und weil ich zum anderen sehr interessiert die Forschung zum Stottern verfolgt habe. Die ist heute, 12 Jahre später, deutlich weiter, als sie damals war und einen Faktencheck würde das Buch vermutlich darum nicht unverändert überstehen. Von einem Rechtschreibcheck ganz zu schweigen. Aber ich habe beschlossen, euch das Buch exakt so zu bringen, wie ich es damals an die Verlage geschickt habe. Vintage, sozusagen.

Dabei war mir Michael Mingers eine große Hilfe, der aus der Word-Datei ein Epub gemacht hat. Vielen Dank, Scorpio, und auch dir ein DORPtastisches Weihnachtsfest.

Als Disclaimer sei erwähnt, dass natürlich die allermeisten Sprachtherapeuten nicht das Geringste  mit Professor Stoffel gemein haben, sondern hervorragende Arbeit leisten und dass es sehr, sehr viele unterschiedliche Gründe für das Stottern gibt und Johannes da nur als Beispiel für eine sehr spezielle Ursache gelten soll.

Wenn euch das Buch gefällt, dann will ich Geld von euch! Aber nicht für mich, sondern für den Kinderhospizdienst Bergisch Land (Spendenkonto findet ihr unten), der lebensverkürzend erkrankte Kinder und ihre Familien auf ihrem schweren Weg begleitet. Wenn es euch nicht gefällt, solltet ihr trotzdem spenden – es ist immerhin Weihnachten. Ihr könnt im Betreff dann ja ergänzen: „Trotz Wieslers Buch spende ich gerne“ oder so 😉

Auf jeden Fall aber solltet ihr mir hier in den Kommentaren, per Mail oder per Facebook bescheid geben, wenn ihr das Buch gelesen habt und es bitte munter weiterverteilen. Ob ihr mir dabei auch eure Meinung mitteilt oder sie gar geigt, erwarte ich gespannt.

Hier noch ein Abschnitt, den ihr posten könnt, wenn ihr auf das Epub verweisen möchtet. Bitte verlinkt dabei auf die Datei auf dieser Seite und ladet sie nicht neu bei euch hoch, damit ich einen Überblick bekomme, wie viele Leute das Ding gelesen haben.

André Wiesler, Autor und Bühnenkünstler aus Wuppertal, schrieb vor vielen Jahren das Jugendbuch „Johannes, sag mal Currywurst“. Es verbindet das Hobby Rollenspiel mit der Geschichte eines stotternden Jungen. Als Geschenk an seine Leser und die, die es werden wollen, hat Wiesler das unveröffentlichte Manuskript in der unbearbeiteten Originalversion als Ebook kostenlos online gestellt (vielen Dank an Michael Mingers für die technische Aufbereitung). Das Epub darf im Internet nach Belieben kostenlos verteilt werden (am liebsten über einen Link auf den Originalpost), es darf als Geschenk sogar in kleiner Auflage (bis zu 20 Stück) gedruckt werden. Und wenn ihr eine Idee habt, wie ihr damit Geld verdienen könnt oder es für einen kommerziellen Zweck nutzen oder auf einer kommerziellen Seite anbieten wollt, sprecht mit André drüber – die Erlöse gehen dann an den Kinderhospizdienst (siehe unten).

Wenn euch das Buch gefällt, besucht seine Seite www.andrewiesler.de und lasst es ihn wissen. Und/oder spendet das, was euch die Lektüre wert war, an den Kinderhospizdienst Bergisch Land:

Christliche Hospizstiftung
Kontonummer     976779
Bankleitzahl     330 500 00
Verwendungszweck WICHTIG: „Caritas Kinder und Jugendhospizdienst“

Und hier nun endlich der Link zum Epub (da WordPress mich keine epub-Dateien hochladen lässt als zip).

Aus dem Archiv – Rollenspielkolumne 6: Der Würfel ist rund und ein Spielabend dauert 9 Stunden

Ihr kennt die Masche: Ich war mal wieder zu faul, was Neues zu schreiben und präsentiere euch darum olle Kamellen aus dem Jahr 2001.

Eine seltsame Überschrift, nicht wahr? Sie weist in der mir eigenen subtilen und einfühlsamen Art darauf hin, dass gewisse Rollenspieler in der Ausübung ihres Hobbys eine auffällige Ähnlichkeit mit Fußballfans zeigen. Damit meine ich nicht das begierige Starren auf einen rollenden runden Gegenstand, ich beziehe mich auch nicht auf den Hooligan-artigen Überfall des Gourmetrestaurants mit den zwei goldenen Bögen. Es geht mir eher um die passive Form des Rollenspiels. Aber dazu muss ich etwas weiter ausholen. Stellen wir uns ein typisches deutsches Wohnzimmer vor: Eiche-Brutal-Möbel, eine gehäkelte Tischdecke räkelt sich auf, eine in Bronze gegossene Nackerte unter der getönten Glastischplatte. Der Fernseher läuft – eine Fußballübertragung. Und auf der Couch ein liebenswerter, stark übergewichtiger Mann im mittleren Alkoholisierungszustand. Und jetzt ruft er. Er, der keine drei Meter ohne Herzinfarkt laufen könnte, er, der zwar manchmal für einen Fußball gehalten wird, aber seit Jahrzehnten keinen mehr getreten hat, er, der eine Feinmotorik hat, die schon an der Kindersicherung einer Medizinflasche scheitert. Er ruft: „Lauuuuuf doch! Oh Mann! Gib doch ab, du Pfeife! Das kann ich ja besser!“

Und damit sind wir bei der Art Rollenspieler, über die ich heute einige Worte verlieren möchte: die konsumierenden Nörgler. Ich stelle sie mir gerne als kleine, fahlhäutige, buckeltragende Dachkammerbewohner vor, aber blicken wir der hässlichen Wahrheit ins nackte Gesicht: Sie sind unter uns. Der normal erscheinende Heavy Metall-Freak mit seinen 36 Piercings könnte es sein. Auch der bebrillte, dickliche Typ ist nicht sicher vor der Verdächtigung zu dieser Gruppe zu gehören. Ja sogar der blasse Computerfachmann im gestreiften Hemd.

Sie sind es, die vor dem Rechner oder im Sessel sitzen, sich Newsletter, Fanzine oder Zeitschrift vornehmen. Da sitzen sie, und rufen: „Nu schreiiiib doch! Oh Mann! Mach doch mal ne Überleitung! Das kann ich ja besser!“

Oft habe ich einen solchen Kerl schon gepackt und geschüttelt und von ihm verlangt, dann solle er’s doch besser schreiben! Aber auch nach Daumenschrauben und dem Hexenbock sind sie nicht bereit dazu. „Ich weiß, dass ich’s besser könnte – ich brauch es nicht zu beweisen!“ oder „Man muss keine Kuh sein, um zu wissen, wann Milch schlecht ist!“ höre ich dann. Das letzte mag stimmen – aber man muss ein Esel sein, wenn man sie trotzdem trinkt.

Damit nun aber nicht der Eindruck entsteht, ich wäre nachtragend oder gar – Gott behüte – griesgrämig, möchte ich an dieser Stelle dem Papst vorgreifen und euch, all meinen Nörglern, die Generalabsolution erteilen. Es ist ja nicht eure Schuld, dass ihr handlungsunfähig seid. Was könnt ihr dafür, dass ihr konstruktive Kritik im Lexikon nachschlagen müsstet und dabei nicht mal den Buchstaben findet. Man kann es nicht mal euren Eltern ankreiden, dass ihr „aber zackig“ und „gefälligst“ für höfliche Anreden haltet. Kurzum: Ihr könnt ja nichts dafür – jetzt weint mal nicht!

All jenen aber, die in der Lage sind, zusammenhängende Sätze zu formulieren, sei es mit der symbolischen Eisenstange in den Kopf gehämmert: An der Stelle, die der von euch gehasste Artikel einnimmt, hätte ein Besserer stehen können, wenn ihr endlich die Hände aus der Unterhose nehmen und einen schreiben würdet! Also: keine Entschuldigung mehr! Das nächste mal, wenn ihr denkt: „Das kann ich besser!“, dann macht es! Und tröstet euch: Es wird trotzdem immer wieder jemanden geben, der dann an eurem Artikel rumnörgelt!

Aus dem Archiv – Rollenspielkolumne 5: Der Rollenspieler an sich, oder: Packzeuch, allsamt!

Und noch mal grabe ich tief im Archiv und lege mich schief um aus dem Mief was zu ziehen, das vor Altertum trief … t. Yo! Man merkt aus der Referenz auf pupertäre Rollenspieler, wie alt der Text ist.

Rollenspieler zeichnen sich durch Kreatvität, Phantasie, Kommunikationsfähigkeit, Gewaltlosigkeit im wirklichen Leben und Kontaktfreudigkeit aus. Außerdem sind sie gutaussehend, potent, intelligent und spenden Blut, Samen und was sonst noch so an verzichtbaren körpereigenen Dingen gebraucht wird. Sagen die Rollenspieler.

Rollenspieler sind pickelverzierte, gewaltbereite Drogensüchtige, die vom vielen Sitzen übergewichtig geworden sind und vor dem Druck ihrer verkorksten Wirklichkeit in eine Traumwelt flüchten. Sagen die Rollenspielhasser.

Recht haben, so schmerzlich es ist, beide ein wenig! Wer kennt sie nicht, die jungen Burschen und seltener Mädel, die sich bei einem Con unter Vortäuschung falscher Tatsachen in die Gruppe geschlichen haben. Das viele von ihnen pickelverziert sind, mag – gerechterweise sei es erwähnt – an der Pubertät liegen, und der Umkehrschluss, dass Pickel einen schlechten Rollenspieler erkennen lassen, ist unzulässig!

Da sitzen sie nun, unverrückbar, und ziehen das Spielniveau herunter wie Betonschuhe einen erfolglosen Mafiosi.

„Was willst‘n spiel‘n?“ fragt der Spielleiter, sich der Zeitbombe des würfeldominierten Spielens in seiner Nähe noch nicht bewusst. Wenn er sich bemüht, klar und hochdeutsch zu sprechen, fragt er möglicherweise sogar: „Was möchtest du denn spielen?“

„Kämpfer!“ kommt es zurück. Man bemerke die geschickte Einsparung des Artikels, die der Aussage noch mehr Gewicht gibt. (Es gibt natürlich auch diejenigen, die an dieser Stelle: „Magier“, „Dieb“, oder „Elf“ grunzen. Möglichst noch von gegensätzlichem Geschlecht des Spielers.)

„Äh… ja. Was spielst du denn sonst noch so?“

„Bei DSA’n Krieger, bei Star Wars’n Kopfgeldjäger, bei Shadowrun’n Street Samurai, bei D’un’D’n Chaoskrieger, bei PP&P’n Killerkrokodil, bei…“

„Ja, danke!“

Da hat man also wieder einen sitzen (einen Spieler – das andere kommt aus Verzweiflung nach dem Spiel). So einen Kerl, dessen Charaktere sich nur in der Art ihrer Massenvernichtungswaffen (oder Sprüche, oder Einbruchswerkzeug, oder Bogengröße) unterscheiden und vielleicht noch verschiedene Namen haben – aber das letzte ist nicht sicher! Ich hatte schon Spieler, bei denen alle Charaktere „Ulfgart“ oder „Blade“ hießen!

Und man kriegt den nicht wieder weg! Ich habe schon alles versucht!

Auf die Sanfte: „Du, nimm dir mal einen Keks. Das fällt mir jetzt echt schwer, dir das zu sagen, ne, aber ich finde irgendwie, dass du nicht so richtig mit der Gruppe harmonisierst, du!“

Auf die Gemeine: „Du bist hässlich, stinkst, und spielst beschissen!“

Auf die Brachiale: „Verpiss dich, ich will nicht, dass du mitspielst!“

Oder auf die Hinterhältige: „Tja, da trifft dich ein Schuss aus dem Hinterhalt *klapper, klapper* Oh nein, so ein Pech! Du bist Tod!“

Hat alles keinen Zweck. In ihrer Gier, Spielgruppen zu ruinieren, ignorieren sie jeden Angriff und verweigern die Annahme jeder Vernunft. Und natürlich haben sie mehrere (praktisch identische) Charaktere des Spielsystems dabei.

Man fügt sich also, immerhin hat man ja nun schon eine Stunde darauf verschwendet, den Kerl zu schlagen, zu beschimpfen und in einer hastig verordneten Essenspause den Tisch zu wechseln, ohne ihm Bescheid zu geben, aber auch ohne das es etwas genutzt hätte. Sie kommen immer wieder!

Man spielt also. Es baut sich Stimmung auf, weil man in jahrelanger Erfahrung gelernt hat, solche Typen nicht an die Reihe kommen zu lassen, aber dann sieht man ihn da sitzen. Blutunterlaufene Augen starren einen flehend an, der Eiter auf den Pickeln scheint vor Vorfreude zu blubbern und ein Speichelfaden tropft vom Mundwinkel in die Kaffeetasse. Und – verflucht seiest du, oh schwaches Herz – man empfindet Mitleid. Man macht sich daran, ihm eine Szene zu bauen, in der sogar sein flacher Charakter einen Aufritt haben kann. In meinem Fall – und auch wenn ich es in dieser Kolumne mit der Wahrheit manchmal vielleicht nicht ganz so genau nehme, schwöre ich: so hat es sich wirklich zugetragen – war es wie folgt: Schurken, 10 an der Zahl, bereit, sich auf die Gruppe zu stürzen, umringen sie. Der Krieger, wie erwartet, springt vor und verkündet: „Ich schüchtere sie ein!“

„Beschreib, was du machst!“ rufe ich begeistert.

Es ward Schweigen – lange Zeit. Dann: „Kann ich nicht lieber würfeln?“

Manchmal weine ich mich wegen dieser Szene heute noch in den Schlaf.

 

Aus dem Archiv – Rollenspielkolumne 4: Bis die Federbetten rascheln

Und wieder springen wir in die Zeitmaschine. Diese Kolumne stammt aus dem Jahr 2001, aber das Thema ist zeitlos …

Ich habe bereits mehrfach gewarnt, dass Rollenspiel den Blick auf die reale Welt verzerren kann. Heute möchte ich das an einem Thema festmachen, das alle interessieren dürfte: Sex!

Werfen wir einen Blick in eine „normale“ Rollenspielgruppe, bestehend aus einem halben Dutzend pubertierender Jugendlicher bis 25 Jahre. Was für ein Bild von körperlicher Liebe wird dort vermittelt? Wer schwache Nerven hat oder einen Funken emanzipatorischer Gedanken, möge sich jetzt schon mal erschrocken an die Stirn fassen.

Der darbende Reisende kann in den meisten Runden sicher sein, dass jede Schenke ein bis zwei junge, hübsche Mägde bereit hält, die in der Lage sind, sechs Bestellungen auf einmal auf dem wogenden Busen zu servieren. Und natürlich sind die jungen Damen mehr als willig, sich mit den Helden in die Bettkiste zu begeben und dort dann diverse Dinge in verschiedenen Körperhaltungen zu tun, die am Tisch mit der Verkündung: „Darüber wollen wir einen romantischen Vorhang legen“ umschrieben werden. Früher dachte ich, dass wäre der Versuch, den Akt gegenseitiger Offenbarung nicht mit pornoartigen Beschreibungen zu besudeln, aber heute weiß ich: Die Jungs wissen einfach nicht, wie es geht!

Aber zurück zu unserem Problem: Unser junger Held hat nun also Woche für Woche virtuell die Bedienungen ganzer Kontinente gepoppt und wenn sein Spielleiter gnädig war, hat er ihn mit Konstitutions- oder Schwangerschaftsproben verschont. Jetzt erwacht aber in seinem jugendlichen, cholesteringeschädigten Körper die Lust, das Ganze auch umzusetzen. Also begibt er sich in die nächste Kneipe und schon trifft es ihn hart. Die Bedienung ist weder jung, noch hübsch, und auf ihren Brüsten könnte man nur dann Essen servieren, wenn man es in der Senkrechten festtackert. Aber egal, unser Freund vertraut auf seinen Charme und sein gutes Aussehen (es ist wie mit den Bösen, die nicht wissen, dass sie böse sind …) und bringt den unfehlbaren Aufreißersatz, mit dem er noch jede Magd ins Bett bekommen hat: „Hallo schöne Frau! Ich bin ein einsamer Reisender und mich dürstet nach euren zwei großen Krügen Milch!“
„Zwei Milsch, kommts’fort“ schallt es reibeisen-lieblich zurück.
Verwirrung! Enttäuschung! Was geschieht? Das war nicht geplant! Die Bedienung bringt zwei Milch und unser Held setzt nach: „Oh holdes Fräulein, ich trage ein gar prächtiges Schwert unter dem Tische, wollt ihr es bestaunen?“
„Wat?“
„Äh, eure Diebe sind wie Eltern, sie haben die Augen gestohlen und in eure Sterne gesetzt?“
„Hä?“
„Ich geb’ euch auch eine Goldmünze?“

Und damit sind wir bei der zweiten großen Falle des Rollenspiels: Prostitution. Wohin der Charakter sein Auge wendet, er findet Freudenmädchen, die diesen Namen zurecht tragen. Zum einen sind sie eine Freude für das Auge und zum anderen haben sie Freude an ihrem Beruf. Es sind keine finanziellen Nöte, keine Arbeitslosigkeit, die zur Prostitution treiben, sondern der Drang, mit möglichst vielen Männern zu schlafen – meist sind die Huren denn auch wohlgebildete Frauen von ehemals adeligem Stand, die einem ordentlichen Liebhaber (und welcher Held wäre das nicht?) auch gerne mal die Zeche erlassen, weil er sie so gut … lieb gehabt hat.

Wieder in der Realität: Die Enttäuschung ist verwunden, aber es bleibt die Entschlossenheit in Herz und Hose. Also versucht es unser junger Mann bei einem einschlägigen Freudenhaus. Gehen wir davon aus, er findet eine Dame – vermutlich aus dem Ostblock – die auf seine Wünsche eingeht. Nach kläglich versägtem Akt vertraut er nun natürlich darauf – immerhin hat er seinen letzten 50er für das neue Shadowrun-Regelwerk ausgegeben – dass die gute Frau ihm die Zahlung erlässt.

Erst  nach einer innigen Begegnung mit den Bikerboots des goldkettenbehangenen Freund der Dame sieht er ein, dass dem wohl doch nicht so ist.

Also: Wenn ihr nicht Nachts in Unterhosen über den Kiez torkeln wollt, so schwört ab vom Sex im Rollenspiel

PS: Man sollte meinen, wenn Damen an der Spielrunde teilnehmen, sollte sich das Verhalten ändern– weit gefehlt. Flugs werden Knechte und Freudenmänner eingeführt und weiter geht die wilde … Rollenspielerei.

Aus dem Archiv – Rollenspielkolumne 3: Auf zum heiteren Drogenmissbrauch

Wir schreiben das Jahr 2001 und die Spaßbremse Wiesler schwingt sich zum Moralapostel auf:

Ich möchte heute mit der grabesschweren Stimme eines Autors, der weder trinkt noch raucht, auf eine zunehmende Unsitte in der weiten Welt des Rollenspiels hinweisen. Da sitzen junge Burschen beisammen, bei denen sich unter der Nase, ja vielleicht sogar unter dem Gürtel noch nicht der erste Flaum zeigt, Kinder, wenn man es fürsorglich ausdrücken möchte. Sie sitzen beisammen, auf den ersten Blick vereint im kommunikativ und sozial fördernden Rollenspiel – oh unschuldige Spiele der Jugend. Doch dann offenbart sich das Laster in all seinen Untiefen!

Der Krieger besäuft sich, der Zwerg pafft Knaster, der Dieb schluckt Rauschbeeren. Diese Jugendlichen, deren jungfräulichen Geschmacksknospen (hoffentlich) noch nicht vom Rauch einer Zigarette geschändet oder vom profanen Beigeschmack des Im-Unterhemd-auf-Couch-und-arbeitslos jeden Bieres beleidigt wurden, haben nichts Eiligeres zu tun, als sich bei jeder Rast in den Schilderungen ihrer Drogen-Exzesse zu übertreffen. Kein Jäger Cthulhus ohne Kippe im Hals, kein Werwolf ohne Haschpfeife, kein Runner ohne Heroinspritze.

Aber gut – lassen wir die Zweifelhaftigkeit der Situation außer acht, um nicht Wasser auf die Mühlen erzkatholischer Rollenspielhasser zu gießen. Wenden wir uns den rollenspielerischen Folgen zu.

Da liegen sie also nun um das Lagerfeuer, die tapferen Junkies. Der Krieger besoffen, der Zwerg bekifft und der Dieb stoned. Plötzlich bricht eine Horde Orks aus den Gebüschen und versucht ihrem Tagewerk nachzugehen, was in diesem Fall bedeuten würde, die Helden aufzuschlitzen und mit ihrer Ausrüstung zu entschwinden – von irgendwas muss man ja leben.

Die Spieler überschlagen sich, jeder will der erste sein, der zum Morden antritt. Betrunken? Ach was, doch nicht von den paar Bier. Bekifft? Das war doch nur normaler Tabak! Stoned? Von Preiselbeeren?

Wie von Götterhand sollen sich die diversen Nervengifte aufgelöst haben, ihr Einfluss abgeglitten sein wie Hautcreme von der Haut eines Zwergen. Wenn das im wirklichen Leben mal so einfach wäre.

„Was, Herr Wachtmeister? Getrunken? Ich? Aber Herr Oberkriminalkomissar, ich doch nicht! Moment, Herr Polizeipräsident, ich muss nur mal schnell meine Orks aus dem Kofferraum holen!“

Aber selbst wenn kein Schreck die Helden ernüchtert, so wollen die Spieler doch auch am nächsten Morgen nicht mit Dingen wie Kopfweh oder Übelkeit geplagt werden. Wozu hat man schließlich wertvolle Steigerungen auf den Wert Zechen verschwendet? Doch nur, um vom Spielleiter endlich mit solchen Nichtigkeiten verschont zu werden!

In Anlehnung an ein bekanntes Zitat, möchte ich schließen mit: Nicht Drogen bringen Menschen um, sondern… ähm… sondern zu viele Drogen!

Aus dem Archiv – Rollenspielkolumne 2: Alea (fast) jacta est

Erneut öffnet sich ächzend die staubbedeckte Archivkiste und spuckt eine weitere Kolumne aus dem Jahr 2001 aus. Und nein, ich weiß auch nicht, warum mein früheres Ich so verbittert war – vermutlich ist es einmal zu oft gezwungen worden, Vampire-Live zu spielen.

Spielleiter sein kann eine schwere Last sein. Sicher, man kann ungestraft seinen Sadismus an den sich windenden, jammernden Spielern auslassen, aber gerade das birgt manche Gefahren. Es ist wie bei der Tierdressur: Zuckerbrot und Peitsche. Benutzt man die Peitsche zu oft, werden die Löwen stinkig und früher oder später kommt einer auf die Idee: „Er kann nur einen von uns erschießen, bevor er tot ist!“

Lässt man hingegen die Leine zu lang und übertreibt es mit dem Zuckerbrot, werden die Löwen fett und keiner will Fellklumpen sehen, die kurzatmig auf Podesten hocken.

Nun sind zwar die meisten Rollenspieler vom langen Herumsitzen und Chips futtern bereits deutlich übergewichtig (oder sind sie vorher schon übergewichtig und werden darum Rollenspieler? Das sind soziokulturelle Vorgänge, die es wert wären, beleuchtet zu werden – aber nicht heute), aber wir wollen die Metapher auch nicht zu sehr strapazieren.

Ein guter Spielleiter beachtet folgende grundlegenden Prinzipien:

1) Niemals offen würfeln!

Kein Spielleiter, der was auf sich hält, würfelt offen. Auch wenn der gute alte Sichtschirm aus der Mode gekommen ist, hauptsächlich wegen der hässlichen Zweiteilung, die er im Sommer beim Draußen spielen dem Gesicht verpasst (oben braun, unten käsig), hat dieser Punkt bestand. Man sollte zumindest einen Würfelbecher sein eigen nennen und darüber hinaus eine große Hand, die man davor halten kann (im Falle von zu klein geratenen Patscherchen bieten sich die „#1“ Riesen-Schaumstoff-Hände an, die man vorrangig bei Eishockeyspielen erstehen kann).

Der Grund für diese Geheimniskrämerei ist einfach: der Zufall macht auch vor dem Spielleiter nicht halt. Zwar ist es ausgesprochen unterhaltsam, wenn der mit einer Hand an der Dachrinne hängende Charakter patzt und auf den Asphalt knallt. Wenn dann aber der offen gewürfelte Schaden ihn umbringt, ist das doof. Die Gefühle des Spielers sind da natürlich unerheblich – nach ein paar Stunden schreien und heulen kriegen die sich meist wieder ein … ein paar Ohrfeigen können helfen – aber die ganze Arbeit für den Spielleiter! Ein neuer Charakter muss gemacht werden, was bei den meisten Systemen ungefähr eine Woche zu je 8 Stunden am Tag dauert. Dann muss eine Prelude gespielt werden, neue NSCs erfunden, neue Feinde, Gemeinheiten, speziell auf diesen Charakter zugeschnittene Naturkatastrophen, Götter, die nur existieren, um dem Charakter das Leben schwer zu machen usw. Ein ellenlanger Rattenschwanz an Arbeit, und das nur, weil der Spielleiter keine Verhütung – sprich Würfelbecher – benutzt hat. Außerdem gibt es nichts Ärgerlicheres, als wenn der sorgfältig geplante Showdown platzt, weil der Bösewicht auf der Treppe patzt und wie Buster Keaton herunterrasselt. Oder im Kampf fortwährend danebenschlägt, nur weil die Spieler ausnahmsweise mal gut würfeln. Da ist schnell mal aus der 2 eine 20 gemacht: „Hoppla, kritischer Treffer! Du kriegst … wie viele TP hast Du noch? Sieben? Du kriegst 6 ¾ Punkte Schaden“ (die Arbeit… ihr wisst ja!).

2) Niemals den Spielern recht geben.

Gerade wenn die Spieler sich besser an den letzten Abend erinnern als man selber, wenn sie sich seitenweise Notizen gemacht haben und alle die gleiche Version des bisherigen Abenteuers wiedergeben, sollte man als SL einem Punkt vehement widersprechen. Das muss nicht der wichtigste Plotpoint des Abends sein, aber es sollte ein bemerkbarer sein. Das verunsichert sie! Etwas so:
Spieler: „Und dann sind wir in die Schenke gegangen und hatten Suppe.“
SL: „Nein, dass stimmt nicht ganz!“
Spieler: „Äh… (blättert in seinen Notizen) doch! Genauso war’s, oder Jungs?“
Andere Spieler: *zustimmendes Gemurmel*
SL: „Nein, ihr hattet Schinkenbrote!“
Spieler: „Tatsächlich?“
Andere Spieler: *kopfschütteln*
SL: *nicken*
Spieler: „Ist das wichtig?“
SL: „Wer weiß?“

Und damit kommen wir zu Punkt 3:

3) Niemals eine eindeutige Aussage machen.

Der Spielleiter sollte sich niemals zu eindeutigen Aussagen hinreißen lassen. Zum einen beschneidet das unnötig die Phantasie der Spieler und zum anderen muss man sich sonst zuviel merken. Einige Beispiele:
Spieler: „Wie weit ist denn das Monster noch weg?“
SL: „Och, ein ganzes Stück!“
Spieler: „Dann spanne ich jetzt meinen Bogen und lege einen Pfeil ein, ziele sorgfältig und schieße dann!“
SL: „Das dauert drei Runden, also darf dich das Monster sechsmal angreifen!“
Spieler: „Ich denke, es ist noch ein ganzes Stück weg?!“
SL: „Ja schon, so fünf oder sechs Meter halt! Jetzt würfel Stamina!“

Unterpunkt 3.1: Eine Frage immer nach Möglichkeit mit einer Gegenfrage beantworten.
Spieler: (dreht das Handout) „Also steht dieses Zeichen für Tod?“
SL: „Wenn Du das denkst?“
Spieler: „Oder für Leben?“
SL: „Sieht es denn so aus?“
Spieler: „Oder ist es das Zeichen für Elemente?“
SL: „Ist das denn nicht offensichtlich?“
Spieler: „Jetzt sag doch mal!“
SL: „Sollte ich das?“
Spieler: „Ach, scheißt der Ork drauf! Ich geh durch!“
SL: „Das macht dann 4672 Punkte Lavaschaden!“

4) Sei großzügig in kleinen Dingen und mies in Großen

Spieler merken es, wenn man sie fortwährend verarscht, niedermacht und ungerecht behandelt. Wenn man sich anschaut, wie lange sie brauchen, um selbst die einfachsten Rätsel zu lösen, erstaunt es einen, aber das tun sie wirklich. Also muss man ihnen immer mal wieder kleine Brosamen zuwerfen, damit sie unter dem spielleitereigenen Tisch hocken bleiben! Das erreicht man am besten, indem man ihnen Kleinigkeiten erlaubt.

„Ein Schwert +1? Kein Problem, kriegst Du! Und in der Truhe liegt auch eine Feuerballrolle der Stufe 342!“

Man erhält spätestens in der nächsten großen Szene eine Gelegenheit, sich die Genugtuung des Spielleitens wiederzuholen: „Tja, so ein Pech! Leider ist das Monster durch Feuer nicht zu verletzen und hat einen Rüstungsschutz von (ursprünglicher Wert +1)!“

5) Reiche diese Richtlinien niemals an Deine Spieler weiter!

Es wäre fatal, wenn sie die weltweite Verschwörung sadistischer Spielleiter und Spielleiterinnen durchschauen würden. Wir müssten dann bald wieder zum viel anstrengenderen Kinderauspeitschen übergehen, um unsere perversen Gelüste zu stillen!

 

 

 

Aus dem Archiv – Rollenspielkolumne 1: Achtung, schwarze Katze

Wie ich so in den unendlichen Datenmengen meiner Festplatte wühle und mir die Bits und Bytes auf den Kopf prasseln lasse, sind mir einige, zum Teil sehr alte Dinge untergekommen, die ich mit euch teilen möchte. Einige sind heute noch amüsant oder interessant, andere mögen den jungen AutorInnen von heute zur Warnung gereichen, wie man es nicht macht. Welcher Text zu welcher Kategorie gehört, dass lasse ich alter Fuchs offen 😉

Den Anfang macht eine von diversen Kolumnen zum Thema „Rollenspiel“, die ich – haltete euch fest – im Jahr 2000 und 2001 für eine Rollenspielnews-Seite im neumodischen Internetz geschrieben habe 😉

Achtung! Schwarze Katze! (2001)

Rollenspieler an sich sind abergläubisch. Doch, wirklich! Die meisten wollen es nicht wahrhaben, aber es stimmt. Ein einziger Blick auf ihre gewaltigen Würfelsäcke verrät es. Eine einfache Szene, wie sie sich zu Dutzenden täglich in Deutschland wiederholt, soll es illustrieren.

„Würfel mal!“ sagt der Spielleiter.

„Hoch oder niedrig?“ fragt der Spieler, denn er ist der festen Überzeugung, dass er durch das reine Wissen um den erstrebenswerten Wurf diesen schon so gut wie geschafft hat.

„Niedrig!“ gibt der Spielleiter preis, denn er hat es sich abgewöhnt, zu diskutieren.

„Dann muss ich einen anderen Würfel nehmen!“, sagt der Spieler und verschwindet kopfüber in seinem Würfelsack, läuft ein bisschen zwischen den Regalen darin umher, und kommt mit seinem Niedrig-Würfel wieder hervor. Denn jeder weiß ja, dass es ungeachtet der physikalischen Gesetze der Formen und der mathematischen Wahrscheinlichkeitsrechnung noch die besondere Magie der Würfel gibt.

„Nicht anfassen! Du machst sie kaputt!“, kriegt dann auch jeder zu hören, der die „Glückswürfel“ seines Mitspielers zu berühren wagt.

Es ist aber auch ein zu putziges Bild, wenn die Spieler ihre Würfel am Anfang des Abends einwürfeln, denn selbstverständlich müssen sich auch kleine Bröckchen aus Plastik wie Hochleistungssportler aufwärmen. Und wie groß ist das Geschrei, wenn dabei ein guter Wurf fällt, denn dann ist er „weggewürfelt“ und wird den ganzen Abend über nicht mehr erscheinen, denn selbstverständlich verschwindet eine Zahl auf dem Würfel, sobald sie gefallen ist. Darum vermutlich auch die unzähligen Würfel!

Und wenn ein Würfel es wagt, in der ihm innewohnenden Bösartigkeit – denn merke: der Würfel an sich ist falsch! Wenn der es also nun wagt, trotz des Trainings schlecht zu würfeln, dann wird er gnadenlos ausgetauscht! Auch ein Würfel hat eben eine Tagesform!

Mist! Jetzt ist der Computer wieder abgestürzt. Hm … vielleicht sollte ich mal eine andere Maus nehmen?